Armes Kind

Mich interessiert die MTV-Awards-Veranstaltung eigentlich nicht besonders, aber ich habe doch kurz diesen Artikel überflogen und bin insbesondere bei dieser Fotogalerie hängen geblieben.

– Die Herren von N’Sync sind doch deutlich in die Jahre gekommen

– Lady Gaga find ich als Künstlerin nach wie vor außergewöhnlich, obwohl ich mit ihrer Musik und mit ihr als Person wenig anfangen kann. Für mich ist aber das Gesamtbild als "Künstlerin" stimmig.

– Miley Cyrus: Armes Kind, ja. Grade mal 20 Jahre alt und transportiert das Bedürfnis, nicht mehr als Kind wahrgenommen zu werden.

Sie ist schon seit Kindesbeinen an erfolgreich im Showgeschäft. Der Vater ist ein erfolgreicher Country-Sänger und hat ihren Weg maßgeblich begleitet und mitbestimmt. Ihre Mutter arbeitet als Filmproduzentin.

Ich weiß nicht, ob Miley eine glückliche Kindheit verbracht hat und wie die Familie mit den Auswirkungen des Starrummels und der Glitzerwelt von Hollywood, MTV und High Society auf sie umgegangen ist.

Was ich auf den Fotos wahrnehme, ist eine junge Frau, die sich so sehr mit aller Gewalt neu erfinden und positionieren will, dass es eher wie eine Flucht wirkt. Auch Angst scheint mir eine Rolle zu spielen. Angst, der Vergessenheit anheim zu fallen. Angst, in diesem doch eher gnadenlosen Geschäft fallen gelassen zu werden, sobald es die Mächtigen im Hintergrund für angebracht halten.

Ich glaube nicht, dass sie eine Künstlerin in dem Sinne ist, wie ich Künstler verstehe. Für mich sind Künstler Leute, die aus sich selbst heraus bestehen können, aus sich und ihren Werken.

Die zwar schon Öffentlichkeit und Bestätigung, Publikum und Applaus suchen und brauchen, die aber Werke schaffen.

All das ist Miley Cyrus für mich nicht. Sie ist eine ins Groteske aufgeblasene Projektionsfläche für Kleinmädchenträume gewesen (Hannah Montana), gesteuert von ihrem Vater und den Produzenten der Fernsehsender und anderer Medien, die mit der Serie und dem dazu gehörenden Merchandising einen riesigen Gewinn gemacht haben.

Jetzt gibt diese Figur nichts mehr her, die Zeit ist vorbei, "Hannah Montana" Geschichte.

Für die heutigen Kleinmächenträume gibt es neue Projektionsflächen, aber Miley sucht auch für sich einen Platz. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang, denn jeder junge Mensch sucht danach.

Meine Befürchtung ist nur, dass angedeuteter Sex auf der Bühne, Persönlichkeits-Prostitution vor Millionen Augen und Nuttenoutfits eher in die falsche Richtung gehen.

Denn dahinter steckt keine Substanz, keine Persönlichkeit.

Ich hoffe für dieses Mädchen, dass sie für sich einen Weg findet – als Person und auch als Künstlerin. Aus sich heraus. Nicht aus Angst.

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